Wenn man mich fragen würde, ob ich denn mal wieder nach Deutschland zurückkomme, würde ich antworten: „Wenn nichts Unvorhersehbares passiert, niemals.“ Diese Aussage mag den einen oder anderen vielleicht schockieren, aber es ist meine ehrliche Einstellung. Dabei ist es keine Ablehnung Deutschlands, es ist eine bewusste Entscheidung für ein Leben, das mir hier in Kambodscha einfach besser gefällt.
Neben einem positiven Lebensgefühl, welches ich nicht in Worte fassen kann, gibt es einige Dinge, die sich sehr wohl beschreiben lassen.
Die Freiheit von deutschen Vorschriften
Deutschland ist das Land der Reglementierungen. Für alles gibt es eine Regel, eine DIN-Norm, eine Anmeldung, ein Formular und 3 Meter lange Beipackzettel.
Wenn ich mir ein kleines Motorrad kaufen und fahren will, brauche ich einen Führerschein, einen Zulassungsschein, muss es bei der Zulassungsstelle anmelden, brauche eine Haftpflichtversicherung, muss alle 2 Jahre eine Hauptuntersuchung durchführen lassen, brauche eine Helmkennzeichnung nach ECE-Norm und was weiß ich nicht noch alles. Hier in Kambodscha kaufe ich das Motorrad, setze mich rauf und fahre los.
Will man einen Hund halten, sind da die Hundeschule, der Sachkundenachweis, die Haftpflichtversicherung und die Hundesteuer. Hier in Kambodscha kann man so viele Hunde halten, wie man will, und es interessiert keinen Menschen.
Diese Freiheit von permanenter Reglementierung ist für mich unbezahlbar geworden. Nicht, weil ich Anarchist wäre, sondern weil ich die Energie, die früher in Bürokratiekämpfe floss, heute in sinnvollere Dinge stecken kann.
Zwischenmenschliche Wärme statt deutscher Kühle
Als ich noch in Deutschland gelebt habe, galten Deutsche als höflich, korrekt und zuverlässig. Aber wirklich herzlich? Spontan? Flexibel? Eher selten. Man duzt sich erst nach Wochen, lädt sich noch später nach Hause ein und spricht über persönliche Themen … irgendwann mal.
Hier in Kambodscha wird man mit offenen Armen empfangen. Unsere Bekannten bringen uns unaufgefordert Essen vorbei, wenn sie etwas Leckeres gekocht haben. Die Enkeltöchter unseres Vermieters kommen unangemeldet in unser Haus und präsentieren mir stolz ihre neu erlernten Englischkenntnisse. Kinder winken mir zu, ohne mich zu kennen. Menschen lächeln einander auf der Straße an – nicht aus Höflichkeit, sondern unvoreingenommen aus echter Freundlichkeit.
Diese Wärme und Spontanität habe ich erst hier in Südostasien kennengelernt. In Deutschland dagegen herrscht oft eine unsichtbare Barriere zwischen den Menschen: professionell, distanziert, vorsichtig. Kurz gesagt, hier ist das Leben noch menschlicher.
Leben ohne deutsche Pessimismus-Kultur
Deutsche sind Weltmeister im Schwarzmalen. Das Wetter ist schlecht, die Politik ist schlecht, die Wirtschaft geht den Bach runter, früher war alles besser, und überhaupt steht die Welt vor dem Untergang. Diese permanente Miesepeterei zieht auch den positivst denkenden Menschen auf Dauer runter wie Bleigewichte.
In Kambodscha herrscht eine grundlegend andere Mentalität. Probleme werden als temporär betrachtet, nicht als Weltuntergang. Die Aussage „Macht nichts, wird schon“ ist hier mehr als nur ein Spruch, es ist eine Lebenshaltung. Menschen hier leben im Hier und Jetzt, statt sich ständig Sorgen um Dinge zu machen, die sie nicht beeinflussen können und die eventuell auch niemals eintreffen werden.
Ja, es gibt auch hier Probleme und Herausforderungen. Aber sie werden mit Gelassenheit und Pragmatismus angegangen, nicht mit deutscher Katastrophen-Rhetorik.
Warmes Klima statt Wetter-Lotterie
Nach nunmehr 26 Jahren in Südostasien ohne deutschen Winter weiß ich: Ich will nie wieder um 6 Uhr morgens bei Minusgraden aus dem Haus. Nie wieder Schneematsch, grauen Himmel von November bis März, nie wieder diese depressive Winterstimmung, die sich über ein halbes Jahr legt.
Hier in Kambodscha wache ich zwar nicht jeden Morgen mit Sonnenschein auf, da es in diesen Breitengraden ja auch eine Regenzeit gibt, aber es ist immer angenehm warm. Das Meer glitzert, die Palmen wiegen sich im warmen Wind, und ich trinke meinen Kaffee in Shorts auf der Terrasse. Das ist für mich nicht nur Luxus, das ist pure Lebensqualität, die meine Grundstimmung jeden Tag aufs Neue positiv beeinflusst.
Wenn es hier regnet, dann richtig, kurz und heftig, und danach ist die Luft frisch und klar. Nicht dieses monatelange Nieseln, das einem die Seele aussaugt.

Lebenshaltungskosten: Mehr Leben für weniger Geld
Mit dem, was ich in Deutschland für die Miete einer 2-Zimmer-Wohnung, Steuern, Sozialabgaben usw. bezahlen würde, lebe ich hier wie ein kleiner König. Mein Haus mit 2 Schlafzimmern und zwei Badezimmern, täglich frisches Essen vom Markt, gelegentliche Restaurantbesuche, 3 Motorräder – das alles kostet einen Bruchteil dessen, was ein normales Leben in Deutschland verschlingt.
Diese finanzielle Entspanntheit gibt mir Freiheit. Ich muss nicht jeden Euro dreimal umdrehen, nicht um jeden Rabatt kämpfen, nicht jede Rechnung mit zusammengebissenen Zähnen bezahlen. Ich kann, auch wenn ich nicht wohlhabend bin, großzügig sein, ohne mich finanziell zu ruinieren.
Zeit statt Hektik
Es ist mir noch gut in Erinnerung, in Deutschland wie in einem Hamsterrad gelebt zu haben: Termine, Fristen, Verpflichtungen, Stress. Immer ist etwas „dringend“, immer muss etwas „sofort“ erledigt werden. Diese permanente Hektik macht körperlich und seelisch krank.
Hier läuft das Leben in einem anderen Rhythmus. Wenn etwas heute nicht fertig wird, wird es morgen gemacht. Oder eben übermorgen. Die Welt geht nicht unter, wenn man mal 10 Minuten zu spät kommt oder einen Termin verschiebt.
Diese Entschleunigung war für mich anfangs irritierend, da ich logischerweise deutsch konditioniert war. Heute genieße ich sie als Luxus, den ich gegen nichts eintauschen möchte.
Einfachheit statt Komplexität
Alles in Deutschland ist kompliziert. Steuerrecht, Krankenversicherung und endlose Bürokratie. Man braucht für jeden Lebensbereich einen Experten oder verbringt Stunden mit der Recherche. Wenn man das alles aus der Ferne mit genügend Abstand betrachtet, erscheint dieses ganze System noch absurder, als wenn man mittendrin ist. Vor allem wenn man weiß, dass es auch anders geht.
Hier ist das Leben simpel. Ist man krank, geht man zum Arzt, zahlt bar und fertig. Hat man Hunger, geht man zum Markt, kauft gesunde, frische Zutaten und kocht sich etwas oder holt sich etwas an einer der zahllosen Garküchen am Straßenrand. Geht es um Transport, steigt man aufs Motorrad und fährt los. Keine komplizierten Systeme, keine endlosen Formulare, keine Warteschleifen.
Diese Einfachheit macht das Leben definitiv leichter und stressfreier.
Trotzdem bleibt Deutschland meine Heimat – aus der Ferne
Ich bin deutscher Staatsbürger und werde es bleiben. Deutschland ist das Land, das mich geprägt hat, dessen Kultur ich in mir trage. Aber Heimat ist nicht nur der Ort, wo man herkommt – sondern auch der Ort, wo man sich zu Hause fühlt.
Und zu Hause fühle ich mich hier in Kep, Kambodscha, mit viel tropischer Natur, dicht am Meer, umgeben von Menschen, die das Leben leichter nehmen, bei ewigem Sommer und der Freiheit, mein Leben nach meinen eigenen Regeln zu gestalten.
Deutschland besuche ich gerne wieder mal für einen kurzen Urlaub, wenn es sich ergeben sollte. Aber leben? Nein, danke. Dafür ist das Leben hier zu schön.
4 Antworten
Hallo,
Vielen Dank für den Beitrag.
Darf ich trotzdem fragen, wie du die Situation bei einer möglichen schwerwiegenden Erkrankung im Alter, zB Krebs, einschätzt?
Das ist nämlich das ewige gedankliche Damoklesschwert, das mich in D (mit Krankenkasse etc) seit Jahrzehnten gefangen hält.
Dabei wäre ich so gerne frei …
Danke
Hallo Julie, danke für deinen Kommentar. Die Zukunft ist nicht real, weil wir sie nicht kennen. Sie ist nichts weiter als eine gedankliche Fiktion, die uns daran hindert, unser Leben so zu gestalten, wie wir es wollen. Das Einzige, was real ist, ist das Hier und Jetzt. Wir leben nur jetzt in diesem Moment und darauf sollte man sich konzentrieren.
Mir hat Meditation sehr dabei geholfen, diese Erkenntnis zu verinnerlichen und mich von der ständigen Sorge um die Zukunft zu befreien. Durch regelmäßige Meditation lernt man, im gegenwärtigen Moment zu verweilen und sich nicht von Ängsten vor dem, was vielleicht einmal sein könnte, gefangen nehmen zu lassen. Ich kann dir nur empfehlen, damit zu beginnen. Schon 10 Minuten täglich können einen großen Unterschied machen.
Befreie dich davon, dein Leben nach gedanklichen Fiktionen auszurichten, und du wirst eine völlig neue Lebensqualität entdecken.
Hallo Andy, Du bist ja ein guter Schriftsteller und Poet, muss dir in allem Recht geben,ehemals BMW Peter, heute in Koh Kong seit 1997it Cambodia verwurzelt
Correct. War grad wieder fast 3 Wochen in Europa. Eine hätte gereicht.